Wohnungsverweis (früher: Platzverweisverfahren)

In Baden-Württemberg wurde am 01.01.2002 das Wohnungsverweisverfahren landesweit eingeführt, nachdem der zuvor von Juni 2000 bis Juli 2001 durchgeführte Modellversuch sehr gute Ergebnisse mit positiven Erfahrungen für die Opfer erbrachte und somit aus Sicht der Verantwortlichen erfolgreich verlief.

Sinn und Zweck eines Wohnungsverweises ist die sofortige Deeskalation einer Gefahrensituation, verbunden mit einem höchstmöglichen Schutz für das Opfer Häuslicher Gewalt vor weiteren Gewalttaten und anderen Rechtschutzverletzungen.

Was ist ein Wohnungsverweis?

Es handelt sich hier um eine Schutzverfügung für das Opfer Häuslicher Gewalt, basierend auf §30 Polizeigesetz Baden-Württemberg  gesetzlich verankert.
Beim Vorliegen der vom Gesetzgeber verlangten rechtlichen Voraussetzungen (z.B. unmittelbar bevorstehende erhebliche Gefahr für das Opfer) kann die Polizei gegen den Verursacher einen Wohnungsverweis aussprechen und hiermit das förmliche Wohnungsverweisverfahren einleiten.
Jeder Wohnungsverweis ist gekoppelt mit einem Rückkehrverbot zur Wohnung und einem Annäherungsverbot an das Opfer.

Ablauf eines Wohnungsverweisverfahrens

Erste Phase

Polizeieinsatz (1. Wohnungsverweis bis zum Ende des 4. Werktags)

Der Täter wird von der Polizei aus der Wohnung verwiesen / Wohnungsschlüssel wird einbehalten oder bei Widerspruch beschlagnahmt / Aushändigung einer schriftlichen polizeilichen Wohnungsverweisverfügung an den Täter, sowie an das Opfer / ggf. Unterbreitung von entsprechenden Beratungsangeboten / Einholung der Einverständniserklärung zur Datenweitergabe an die Frauenberatungsstelle bei Häuslicher Gewalt Freiburg / Weitergabe der Einsatzmeldung oder des Berichts an den örtlich und sachlich zuständigen Sachbearbeiter für Häusliche Gewalt zur Fortführung der weiteren Maßnahmen und Ermittlungen (Vernehmungen der Beteiligten / Anzeigenvorlage an die Staatsanwaltschaft Freiburg)

Zweite Phase

Verlängerungsentscheidung der zuständigen Polizeibehörde (2. Wohnungsverweis bis maximal 14 Tage)

Anhörung des Täters und des Opfers durch das Amt für öffentliche Ordnung Freiburg oder örtlich zuständige Gemeindeverwaltung nach Eingang der polizeilichen Meldung / Entscheidung über die Verlängerung des Wohnungsverweis nach Prüfung der Gefahrensituation unter Miteinbeziehung der polizeilichen Erkenntnisse / Zustellung der behördlichen Verfügung an Täter und Opfer.

Dritte Phase

Krisenintervention der Frauen-Beratungsstelle bei Häuslicher Gewalt
Psychosoziale und rechtliche Beratung über von der Frau gewünschte nächste Schritte

Vierte Phase

Begleitende zivilrechtliche Maßnahmen

Wenn gewünscht, Antrag auf Wohnungszuweisung/Schutzverfügung/Kontaktverbot beim Amts-/Familiengericht möglichst in der Frist des Wohnungsverweises / Antrag: im Eilverfahren bei der Rechtsantragsstelle des Amtsgerichtes

Fünfte Phase

Soziales Training/Täterprogramm

Gegebenenfalls erfolgt eine staatsanwaltliche oder gerichtliche Täterzuweisung in ein Anti-Gewalttraining

 

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